..wie ein „elektrifiziertes Streichquartett“: Ensemble Nikel

Sommerserie zum Schweizer Musikpreis No. 3 : Ensemble Nikel.
Vibrierende und virtuose Interpretation zeitgenössischer Musik bilden die einzigartige DNA des Ensemble Nikel um den Elektrogitarristen Yaron Deutsch (*1978). Nikel tritt dabei fast als Popband auf und unterwandert das Image eines oft radikal lauten Elektrosounds. Nikel sei „radikal zeitgenössisch“ heisst es in der Begründung zum Schweizer Musikpreis 2023 ans Basler Ensemble: Yaron Deutsch, Elektrogitarrist und Ensemblegründer, im Gespräch:

 

Portrait Ensemble Nikel © Amit Elkayam

 

Gabrielle Weber
Was bedeutet der Preis für Nikel?

Es ist schlicht berührend, wenn die eigene Arbeit so unverhofft anerkannt und ausgezeichnet wird. Wir waren komplett unvorbereitet als wir informiert wurden: das macht es sehr besonders. Und ganz pragmatisch eröffnet uns der Preis neue Türen und verschafft uns zusätzliche Mittel, um grössere Pläne für unser künstlerisches Wachstum zu realisieren.

Ein ‚alternativer Kammermusikklang‘ aus einer Mischung von elektronischen und instrumentalen Klängen ist charakteristisch für das Ensemble. Sprechen wir über den Anfang von Nikel: Wie fanden Sie mit der E-Gitarre zur zeitgenössischen klassischen Musik – die  Kombination ist nicht naheliegend?

Mit der E-Gitarre war ich zunächst assimiliert in der Musik des Rock und Jazz, fühlte mich aber dort wie eine ‘Copy Cat’ einer amerikanischen Kultur, die nicht meine ist. Da stiess ich 2005 über ein Stück von Luis Andriessen: ‘Hout‘ (1991) für die Besetzung Saxophon, E-Gitarre, Percussion und Klavier. Es fühlte sich wie ein ‘Heureka’-Moment an. Das Stück mischt Musikgenres und -elemente unkompliziert. Ich fand darin eine Verbindung zu meinen europäischen Wurzeln und fühlte mich wie zuhause angekommen in der europäischen klassischen Musikavantgarde. Es gab mir eine Art Richtung vor, in welche Klangwelt ich gehen wollte.

Mit ‘Hout‘ gaben wir unser erstes Konzert in Tel Aviv 2006. Die Instrumente des Stücks wurden zur festen Besetzung von Nikel. Nach wenigen Wechseln bilden wir nun seit ungefähr zehn Jahren die feste Stammformation: Brian Archinal an der Perkussion, Antoine Françoise, Klavier, Patrick Stadler, Saxofon, und ich mit der E-Gitarre. Wir inspirieren uns gegenseitig.

 

 

Ensemble Nikel in Luzern and Bern 2016 © Markus Sepperer

 

..und was bedeutet der Name?

Drei Punkte: Zuerst wollte ich keinen Namen der Musik assoziiert. Im Namen sollte zudem ‘Metall’ als eine unserer Klangfarben anklingen. Und zuletzt erinnert Nikel an die israelische Künstlerin Lea Nikel und ihre abstrakten farbintensiven Arbeiten. Sie war In den sechziger und siebziger Jahren in Paris und New York tätig und verstarb 2005 in Tel Aviv.

 

Es ist wie wenn Wassertropfen langsam zu einem Organismus zusammenfinden.

 

Wie kam es zum Standort Schweiz..?

Dass drei von vier Mitgliedern in der Schweiz sind, ergab sich von selbst. Ich war immer ein ‘Missionar’ für Musikschaffen ohne Nationalität, für ein Modell von Ensembles ohne eine nationale oder lokale Festlegung: es geht mir darum, mit den Musikern zusammenarbeiten, die ich am spannendsten finde, die mich inspirieren, egal wo sie leben. So kam es bspw. zu Patrick Stadler in Basel. Unsere Vision ist aber eine internationale.
Es ist wie wenn Wassertropfen langsam zu einem Organismus zusammenfinden.

Ausgehend von einer Einladung für ein Konzert finden wir zusammen. Unsere Aufgabe als Künstler ist es, so faszinierend, interessant und auch gut zu sein, um einen Bedarf zu schaffen. Es geht dabei um Passion: solange wir passioniert sind, existieren wir als Gruppe.

 

Ihr erster Auftritt in Donaueschingen 2012 war legendär – diese vibrierende Energie und rasende Virtuosität bspw. in der UA von Michael Wertmüllers Stück „Skip a beat“ ist mir in bleibender Erinnerung: Wie kam’s zur Einladung?

2010 traten wir an den Darmstädter Ferienkursen auf. Der damalige neue künstlerische Leiter Thomas Schäfer wollte in seiner ersten Ausgabe neue Stimmen präsentieren und lud uns ein. Der Auftritt hatte ein grosses Echo. Kurz danach rief uns Armin Köhler, der damalige Intendant von Donaueschingen an, und lud uns zwei Jahre später ans Festival ein.

 

 

Michael Wertmüller, Skip a beat, Ensemble Nikel, UA Donaueschinger Musiktage 2012

 

Was bewirkte dieser Auftritt für Nikel?

Der Auftritt vor grossem Publikum mit internationaler Resonanz war das eine: ein Karriere-‘boost’: die Vertrautheit mit der internationalen Szene, das war sehr wichtig für unser Wachstum. Donaueschingen ermöglichte uns aber auch, vier Uraufführungen von vier substanziellen Komponist:innen zu spielen, die ihre Stücke extra für unsere Besetzung schrieben. Wir hatten nicht die finanziellen Möglichkeiten, solche Stücke selbst in Auftrag zu geben. Diese völlig unterschiedlichen Stücke spielten wir seither in der ganzen Welt.

Und dieser Mechanismus geht weiter: wenn wir eingeladen werden, geben die Festivals Stücke für uns in Auftrag. Diese behalten wir danach im Repertoire. Bei der Auswahl schlagen wir Komponist:innen vor, von denen wir begeistert sind. Und diese Begeisterung ist danach in unseren Auftritten spürbar.

 

Unser Gedächtnis neigt dazu, sich an Extreme zu erinnern

 

Die Konzerte von Nikel sind bekannt für einen oft radikal lauten Elektroniksound..

Zuerst muss ich das Prädikat ‘lautes’ Ensemble zurückweisen: Wir spielen auch viele subtile Stücke, stille, taktile Musik. Wahrscheinlich führt unsere virtuose Qualität zum Eindruck: “die Musiker können spielen, dass die Wände wackeln..”. (lacht..). Ein maskuliner Power, das ist nicht unser Ding. Unser Gedächtnis neigt dazu, sich an Extreme zu erinnern. Aber es geschieht so viel ausserhalb der Extreme, eigentlich das Meiste..

Wir sind wie ein ‘elektrifiziertes Streichquartett’, ein Organismus der sehr gut zusammen funktioniert und dessen Klang sich sehr gut mischt. Wir können ganz fein abstufen zwischen laut und leise.

2017 gab Nikel zum 10 Jahr- Jubiläum der Ensemblegründung eine umfassende CD heraus – inwiefern sind die Stücke charakteristisch für den spezifischen „Nikel-Sound“?

Das erste Jahrzehnt war sehr prägend. Aus der Vogelperspektive fasst die Sammlung und Kuration der in der Box enthaltenen Stücke unsere Charakteristika zusammen: Wir spielen immer Stücke die eklektisch sind, die Elemente mischen, aber nie zufällig oder unnötig. Eine klare musikalische, nicht eindimensionale Linie verbindet alles. Wenn man näher heranzoomt, stellt man fest, dass jedes einzelne Werk zwar die wesentlichen Merkmale der Gruppe spiegelt, dass aber unser künstlerischer Charakter nicht im Einzelnen fassbar ist.

 


Stefan Prins, Fremdkörper 2, Ensemble Nikel 2010 (Decennial-Box).

 

Sie kommen gerade zurück von einem Auftritt an den Darmstädter Ferienkursen mit neuen Stücken von Jennifer Walshe und Matthew Shlomowitz: wie war die Stimmung am Ort eines der ersten wichtigen Auftritte von Nikel?

Darmstadt war fantastisch: es war unser vierter Besuch dort. Wir kamen mit einem Stück, mit dem wir uns sowohl künstlerisch als auch persönlich sehr wohl fühlen: eine außergewöhnliche, über zwei Jahre dauernde Zusammenarbeit mit Matthew & Jennifer, die uns auch auf der Bühne begleiteten. Mit zwei ausverkauften Shows und einer sehr positiven Kritik in der New York Times war es eine perfekte Premiere für das Projekt.

 


Minor characters, Matthew Shlomowitz / Jennifer Walshe, Ensemble Nikel, UA Ferienkurse Neue Musik Darmstadt 2022.

 

Was kommt als nächstes?

Es steht ein neues Album (Radio Works) an mit Stücken, die von verschiedenen europäischen Radiosendern während der Pandemie in Auftrag gegeben und aufgenommen wurden, u.a. das Stück von Shlomowitz/Walshe. Dann folgt die Uraufführung eines vierteiligen Zyklus der Komponistin Sarah Nemtsov für Nikel und Orchester in Köln und Essen mit dem WDR Sinfonieorchester. Und unsere neue Saison in der Schweiz beginnt im Januar 2024 mit einer Uraufführung von John Menoud.
Gabrielle Weber

 

Sarah Nemtsov, Tikkun pour orchestre, Teil 1 der Tetralogie, Ensemble Nikel, Camerata Ataremac, Ensemble Vertigo, Leitung: Peter Rundel, Festival Les amplitudes 2022, Eigenproduktion SRG/SSR.

 

Kritik Darmstadt 2023: Seth Colter Walls, New York Times, 13.8.2023

A Decade, Decennial-Box  2017, 4 CDs mit Doku-DVD und Buch zum Ensemble.

Yaron Deutsch, Live in New York City, 2022

Yaron Deutsch, Jennifer Walshe, Matthieu Shlomowitz, Sarah Nemtsov, Peter Rundel, WDR Sinfonieorchester, Brian Archinal, Patrick Stadler, Thomas Schäfer, Armin Köhler

Schweizer Musikpreise 2023:
Grand Prix Musik: Erik Truffaz
Musikpreise:
Katharina Rosenberger, Ensemble Nikel, Carlo Balmelli, Mario Batkovic, Lucia Cadotsch, Sonja Moonear, Saadet Türköz
Spezialpreise:
Helvetiarockt, Kunstraum Walcheturm, Pronto 

Sendungen SRF Kultur:
SRF Kultur online, 11.5.23: Trompeter Erik Truffaz erhält den Grand Prix Musik, Redaktion Jodok Hess.

Musikmagazin, 22.7.23Carlo Balmelli: Ein Leben für die Blasmusik, Redaktion Annelis Berger, Musiktalk mit Carlo Balmelli (ab Min 9:40).

Musikmagazin, 17.6.23, Inspirationen mit offenem Ende: Die Vokalkünstlerin Saadet Türköz, Redaktion Florian Hauser, Musiktalk mit Saadet Türköz (ab Min 8:38).

Musikmagazin, 13.5.23, Schweizer Musikpreise 2023, Redaktion Florian Hauser, Musiktalk mit Katharina Rosenberger (ab Min 4:55)

 

neo-Profiles:
Ensemble Nikel, Michael Wertmüller, Donaueschinger Musiktage, John Menoud, Antoine Françoise, Les amplitudes, Swiss Music Prizes

Musik ist Kommunikation: Komponistin Katharina Rosenberger

Zum zehnten Mal werden 2023 die Schweizer Musikpreise verliehen: nebst dem Grand Prix an den Genfer Jazz-Trompeter Erik Truffaz werden am Musikfestival Bern am 8. September weitere 10 Preise und Spezialpreise vergeben. In einer Sommerserie portraitiert der neoblog einige der Preisträger:innen. Katharina Rosenberger, Komponistin, Kompositions-Professorin in Lübeck und Co-Intendantin des Zürcher Festival für zeitgenössische Musik Sonic Matter bildet den Auftakt. Katharina Rosenberger arbeitet mit intermedialen Verflechtungen zwischen Musik, Text und Bild und bindet das Publikum meist in Performanceprozesse ein. Dabei geht es ihr um Kommunikation, um Dialog und ums Partizipieren an der zeitgenössischen Musik.

Katharina Rosenberger im Interview mit Florian Hauser.

 

Portrait Katharina Rosenberger © Hans Gut

 

Florian Hauser
Einen der begehrten Schweizer Musikpreise zu bekommen, ist schon etwas Besonderes und zeugt von hoher Wertschätzung Ihrer Arbeit. Wie sieht es demgegenüber mit der Wertschätzung Ihrer künstlerischen Arbeit im Alltag aus? Sie müssen ja tun, was Sie tun müssen und wollen. Und das ist ja nicht unbedingt massenkompatibel. Sie machen keine Blockbusterfilme… Wie reagiert Ihr Publikum auf ihre Kunst?

Ich bin immer sehr berührt, wenn Menschen auf mich zukommen und auf meine Musik reagieren. Es sind Personen, die ich nicht kenne oder auch Personen, die keine Insider sind, also nicht selber Musiker*innen. Oft reagieren sie sehr positiv – und oft geht es ihnen dabei darum, etwas Neues entdeckt zu haben. Wenn sie sich auf dieses Neue, Ungekannte eingelassen haben und dann positiv überrascht sind, macht mich das sehr glücklich. Eigentlich sind das ja dann die idealen Fans, die mit Offenheit kommen und einfach mal reinhören wollen… Es gibt natürlich auch Momente in denen das Publikum sehr zweischneidig reagiert. Von: ‘um Gottes Willen, was war denn das für ein Stück!’ bis zu: ‘Wow, das ist das Tollste, was ich seit langem gehört habe’.

 

Die Kommunikation mit dem Publikum ist Ihnen ja per se sehr wichtig. Sie interagieren mit den Leuten, Sie binden sie auch in Performanceprozesse ein. Warum?

Lassen Sie mich mit einem Beispiel antworten: Ein Duett (innerhalb einer Videooper, die am Theaterspektakel Zürich uraufgeführt wurde) habe ich La Chasse genannt. Zwei Sängerinnen stehen sich in einer gewissen Distanz gegenüber. Das Publikum sieht sie nur im Profil. Und dann beginnen die Stimmen sich zu jagen. Anfangs nur mit Klängen wie wah, wah, wah wah! Sehr abstrakt, sehr reduziert. Es gibt keine Melodie. Und es ist nicht so einfach, sich das anzuhören. Aber als Leute aus dem Publikum auf mich zukamen und von der Erfahrung erzählt haben, wie gewaltig diese Klänge im Raum waren, wie sehr sich die Körper in die Struktur der Musik eingliederten, ging mir ein Licht auf: Die Verbindungen zwischen Klang und Raum, den Performerinnen und dem Publikum sind unheimlich wichtig. Es geht primär nicht nur um die Musik selbst, also dass die Musik auch nur sich selbst genügt, sondern es geht wirklich um Dialog und Austausch mit dem Publikum, mit der Umgebung.


La Chasse von Katharina Rosenberger in einer Instrumentalinterpretation durch das Landmann-/Stadler-Saxofonduo, aufgenommen in NYC 2018.

 

Erzählen Sie noch von einem anderen Beispiel!

Das Projekt Urban morphology. Das ist eine begehbare Konzertinstallation, die musiktheatralische Elemente hat und auch partizipativ ist. Das Publikum ist eingeladen, aktiv mitzumachen. Es geht um den Städtewandel: Was passiert, wenn zum Beispiel durch luxuriöse Neubauten Nachbarschaften, in denen wir aufgewachsen sind, verschwinden? Wenn das, dem ich mich zugehörig fühle, plötzlich nicht mehr existiert? Also Orte, in denen ganz viele Erinnerungen Platz haben: Wenn das wie weggewischt ist, was passiert dann mit uns? Was passiert, wenn diese Strukturen weg sind, die architektonischen, die sozialen, die klanglichen Komponenten, an denen wir uns orientieren?

Das Publikum konnte sich entscheiden, wie es sich bewegt. Ob es zuerst zu einer Performance-Insel geht oder sich ein Video ansieht, ob es eine ganz normale Konzertsituationen mit einem sehr fokussierten Zuhören will oder in einer Installation Velo fährt, um Elektrizität zu erzeugen und Licht zu spenden.

Das Publikum konnte also mitentscheiden, wie es die verschiedenen Informationen zusammenbaut. Bei solchen Projekten merke ich immer wieder, wie wichtig die intermedialen Verbindungen zwischen Text und Musik sind, zwischen Bild und Musik, den Räumen, den Körpern. Wie sich Räume öffnen fürs Publikum, wo es an Situationen anknüpfen kann, die mit ihren eigenem Alltag zu tun haben. Daraus ergeben sich immer wieder neue Fragen: wie höre ich Musik, wie wird Musik aufgeführt? Und es ergeben sich neue Erkenntnisse. Das ist faszinierend.

 

Sie sind sehr kommunikativ…

Ja klar. Ich mag es auch sehr, mit Musikerinnen, mit denen ich zusammenarbeite, über längere Zeiten in Kontakt zu sein.

 

Es gibt Komponisten, Komponistinnen, Kollegen, Kolleginnen von Ihnen, für die ist es vollkommen ausreichend, am Kompositionsschreibtisch zu sitzen und Strukturen zu entwerfen. Das war für Sie nie eine Option?

Doch schon. Das eine schliesst das andere nicht aus, oder? Es gibt natürlich Phasen, da bin ich enorm zurückgezogen. Aber wenn ich mich jetzt mit Städten auseinandersetze, dann will ich durch diese Strassen laufen, die Menschen kennenlernen. Um den Kern, den Inhalt eines Projekts zu erforschen. Zum Beispiel auch bei der Installation quartet – bodies in performance, wo ich nur die Rückenmuskulatur von vier Musiker*innen gefilmt habe. Man kann sich ja vorstellen, dass je nach Musikinstrument die vielen, vielen Jahre, die man übt, die Rückenmuskulatur jeweils ganz anders formen. Jede Performance hatte ihr eigenes Bild im Endlosschwarz, es kam nur der Rücken vor, der gespielt hat. Und das war wieder eine ganz neue Art für das Publikum, Performance zu erleben. Also Klang durch die Muskulatur zu sehen.

 


Auch in Katharina Rosenbergers Klang- und Videoinstallation The journey wurden die Sänger:innen aus ungewohnt-nahen Perspektiven gefilmt, Neue Vokalsolisten Stuttgart, Regie Lutger Engels 2020

 

Es sind jeweils lange Wege zum Ergebnis, gemeinsame Wege. Aber wie kommen Sie auf solche Ideen? Sie laufen mit weit ausgefahrenen ästhetischen Antennen durch die Welt und zack, springt sie ein Thema, eine Thematik an?

Mein roter Faden ist: Im Mittelpunkt steht der Mensch, sei es jetzt der Performer mit seinem, ihrem Körper, sei es das Publikum mit seinen Ohren, Augen, Körpern. Und um was geht es? Was berührt uns eigentlich? Das ist die Frage. Was für eine Bedeutung hat die Musik auch in Zeiten der Krisen, der Zeiten, der Umorientierung? Ich will jetzt nicht behaupten, dass ich als Künstlerin das wegweisend in meinen Stücken präsentiere. Aber es geht um das Hinterfragen, das Hinter-Sinnen durch neue klangliche, bildliche Situationen. Darum, sich mit dem Moment auseinanderzusetzen. Also das ist nicht ein Muss. Ein Publikum muss nie müssen. Aber ich möchte die Türen öffnen, dass es möglich ist.
Florian Hauser

 

Portrait Katharina Rosenberger © Kaspar Ruoff


Schweizer Musikpreise 2023:
Grand Prix Musik: Erik Truffaz
Musikpreise:
Katharina Rosenberger, Ensemble Nikel, Carlo Balmelli, Mario Batkovic, Lucia Cadotsch, Sonja Moonear, Saadet Türköz
Spezialpreise:
Helvetiarockt, Kunstraum Walcheturm, Pronto 

Sendungen SRF Kultur:
Musikmagazin, 13.5.23, Schweizer Musikpreise 2023, Redaktion Florian Hauser, Café mit Katharina Rosenberger (ab Min 4:55)

SRF Kultur online, 11.5.23: Trompeter Erik Truffaz erhält den Grand Prix Musik, Redaktion Jodok Hess:

Musik unserer Zeit, 11.1.2023: Komponieren! Mit Katharina Rosenberger, Redaktion Florian Hauser

Musik unserer Zeit, 8.12.2021: «Sonic Matter» – ein aussergewöhnliches Musikfestival in Zürich, Redaktion Moritz Weber

Musik unserer Zeit, 8.8.2018: Shift – eine Begegnung mit der Komponistin Katharina Rosenberger, Redaktion Cécile Olshausen

neoprofiles:
Katharina Rosenberger, Swiss Music PrizesFestival Sonic Matter, Ensemble Nikel, Kunstraum Walcheturm

 

 

Unser Gedächtnis neigt dazu, sich an Extreme zu erinnern

Gabrielle Weber
100 Jahre Donaueschinger Musiktage – ein historisches Ereignis: 100 Jahre schon setzt sich die epochemachende Institution für Erhalt und Verbreitung der Gegenwartsmusik ein. Das wichtigste europäische Festival der musikalischen Moderne, Uraufführungsschmiede, Ort der Begegnung und der Debatte feiert das Jubiläum mit zahlreichen Veranstaltungen unter Mitwirkung von langjährigen WeggefährtInnen vom 14. bis zum 17. Oktober.

Ein Ensemble, das mitfeiert, ist das junge, in der Schweiz basierte Ensemble Nikel. Yaron Deutsch, E-Gitarrist und Kopf von Nikel, war mit dem Ensemble und als Solist bereits mehrfach in Donaueschingen dabei. Zum Jubiläum führt Nikel neue Stücke von Rebecca Saunders und der jungen türkischen Komponistin Didem Coskunseven auf. Deutsch ist zudem Solist im neuen Stück von Stefan Prins mit dem Orchestre Philharmonique du Luxembourg.

 

Portrait Ensemble Nikel 2016 © Markus Sepperer
Ensemble Nikel  2016, zVg. Ensemble Nikel

 

Gegründet 2006, tourt Nikel mittlerweile weltweit und blickt dieses Jahr auf sein fünfzehnjähriges Bestehen zurück. Ein ‚alternativer Kammermusikklang‘ aus einer Mischung von elektronischen und instrumentalen Klängen ist charakteristisch für das Ensemble. Die ungewöhnliche Besetzung, E-Gitarre, Klavier, Saxophon und Perkussion geht auf den allerersten Auftritt zurück. Das sich laufend erweiternde Repertoire besteht ausschliesslich aus Stücken, die für Nikel komponiert werden.

Mit Yaron Deutsch unterhielt ich mich per Zoom an einem Samstag frühmorgens, er im Hotel in Parma. Er sei ein Morgenmensch und bereits um 4:30h aufgestanden. Nach einem Auftritt am Festival für zeitgenössische Musik Traiettorie ging es weiter zu Proben nach Bern.

Wie fanden Sie mit der E-Gitarre zur zeitgenössischen klassischen Musik..?

2005 befand ich mich in einer Phase der Suche nach meinem eigenen musikalischen Weg. Mit der E-Gitarre war ich assimiliert in der Musik des Rock und Jazz, fühlte mich aber dort wie eine ‘Copy Cat’ einer amerikanischen Kultur, die nicht meine ist. Da stiess ich über ein Stück von Louis Andriessen: ‘Hout‘ (1991) für die Besetzung Saxophon, E-Gitarre, Percussion und Klavier. Es fühlte sich wie ein ‘Heureka’-Moment an. Das Stück mischt Musikgenres und -elemente unkompliziert. Ich fand darin eine Verbindung zu meinen europäischen Wurzeln und fühlte mich wie zuhause angekommen in der europäischen klassischen Musikavantgarde. Es gab mir eine Art Richtung vor, in welche Klangwelt ich gehen wollte.

 

Ensemble Nikel / Yaron Deutsch 2016, zVg. Ensemble Nikel

 

Wie kam’s zu Nikel? Wieso diese Besetzung?

Mit ‘Hout‘ gaben wir unser erstes Konzert in Tel Aviv. Die Instrumente des Stücks wurden zur festen Besetzung von Nikel. Nach wenigen Wechseln bilden wir nun seit ungefähr zehn Jahren die feste Stammformation: Brian Archinal an der Perkussion, Antoine Françoise, Klavier, Patrick Stadler, Saxofon, und ich mit der E-Gitarre. Wir inspirieren uns gegenseitig.

Woher stammt der Name Nikel?

Drei Punkte: Zuerst wollte ich keinen Namen der Musik assoziiert. Im Namen sollte zudem ‘Metall’ als eine unserer Klangfarben anklingen. Und zuletzt erinnert Nikel an die israelische Künstlerin Lea Nikel und ihre abstrakten farbintensiven Arbeiten. Sie war In den sechziger und siebziger Jahren in Paris und New York tätig und verstarb 2005 in Tel Aviv.

 

Es ist wie wenn Wassertropfen langsam zu einem Organismus zusammenfinden.

 

Wie kam es zum Standort Schweiz..?

Dass drei von vier Mitgliedern in der Schweiz sind, ergab sich von selbst. Ich war immer ein ‘Missionar’ für Musikschaffen ohne Nationalität, für ein Modell von Ensembles ohne eine nationale oder lokale Festlegung: es geht mir darum, mit den Musikern zusammenarbeiten, die ich am spannendsten finde, die mich inspirieren, egal wo sie leben. So kam es bspw. zu Patrick Stadler in Basel. Unsere Vision ist aber eine internationale.
Es ist wie wenn Wassertropfen langsam zu einem Organismus zusammenfinden.

Ausgehend von einer Einladung für ein Konzert finden wir zusammen. Unsere Aufgabe als Künstler ist es, so faszinierend, interessant und auch gut zu sein, um einen Bedarf zu schaffen. Es geht dabei um Passion: solange wir passioniert sind, existieren wir als Gruppe.

 


Anne Cleare, the square of yellow light that is your window (excerpt), UA 2014 Ensemble Nikel

 

Wie kam’s zum ersten Auftritt in Donaueschingen?

2010 traten wir an den Darmstädter Ferienkursen auf. Der damalige neue künstlerische Leiter Thomas Schäfer wollte in seiner ersten Ausgabe neue Stimmen präsentieren und lud uns ein. Der Auftritt hatte ein grosses Echo. Kurz danach rief uns Armin Köhler, der damalige Intendant von Donaueschingen an, und lud uns zwei Jahre später ans Festival ein. 2012 waren wir erstmals dort.

Was bewirkte dieser Auftritt für Nikel?

Der Auftritt vor grossem Publikum mit internationaler Resonanz war das eine. Donaueschingen ermöglichte uns aber auch, vier Uraufführungen von vier substanziellen Komponisten zu spielen, die ihre Stücke extra für unsere Besetzung schrieben. Wir hatten nicht die finanziellen Möglichkeiten, solche Stücke selbst in Auftrag zu geben. Diese völlig unterschiedlichen Stücke spielten wir seither in der ganzen Welt.

Und dieser Mechanismus geht seither weiter: wenn wir eingeladen werden, geben die Festivals Stücke für uns in Auftrag. Diese behalten wir danach im Repertoire. Bei der Auswahl bringen wir uns immer ein und schlagen KomponistInnen vor, von denen wir begeistert sind. In unseren Auftritten ist dann diese Begeisterung spürbar.

Sie führen an der Jubiläumsausgabe eine neues Stück von Rebecca Saunders auf, zusammen mit der Kontra-Altistin Noa Frenkel, und ein weiteres der jungen türkischen Komponistin Didem Coskunseven: wie kam es zu dieser Stückauswahl?

Rebecca Saunders wollte schon lange mit uns zusammenarbeiten, da ich in anderen Kontexten Stücke von ihr interpretierte, bspw. mit dem Klangforum Wien. Es kam aber noch nie dazu. Nun hatten wir Glück. Ein grosses Auftragsstück konnte aufgrund der Pandemie nicht realisiert werden und Rebecca schlug als Alternative vor, ein Stück mit uns und einer Sängerin zu erarbeiten. Die Komponistin Didem Coskunseven ergab sich dazu im Gespräch mit Björn Gottstein.

Die Auftritte von Nikel sind bekannt für einen oft radikal lauten Elektroniksound – Wie arbeitet Nikel mit der Stimme zusammen..?

Zuerst muss ich das Prädikat ‘lautes’ Ensemble zurückweisen: Wir spielen auch viele subtile Stücke, stille, taktile Musik. Wahrscheinlich führt unsere virtuose Qualität zum Eindruck: “die Musiker können spielen, dass die Wände wackeln..”. (lacht..)

Ein maskuliner Power, das ist nicht unser Ding. Unser Gedächtnis neigt dazu, sich an Extreme zu erinnern. Aber es geschieht so viel ausserhalb der Extreme, eigentlich das Meiste..

Nach der ersten Probenwoche betonte Rebecca die gute Balance zwischen der Sängerin und uns. Wir ‘dienen’ ihrer Musik: wir geben der Sängerin einen Raum und fanden einen spezifischen Klang für das Stück. Wir sind wie ein ‘elektrifiziertes Streichquartett’, ein Organismus der sehr gut zusammen funktioniert und dessen Klang sich sehr gut mischt. Wir können ganz fein abstufen zwischen laut und leise.

 


Stefan Prins, Fremdkoerper 2 (excerpt), UA 2010 Ensemble Nikel

 

Gibt es einen spezifischen Nikel-Sound?

Wir spielen immer wieder Stücke die eklektisch sind, die Elemente mischen, aber nie zufällig oder unnötig. Eine klare musikalische, nicht eindimensionale Linie verbindet alles. Nikel-Konzerte klingen immer anders. In diesem Konzert sind zwei völlig verschiedene Seiten, zwei völlig unterschiedliche Klangfarben zu hören.

Und wie klingt die Klangfarbe in Didem Coskunsevens Stück ?

Ihr Stil lässt sich nicht in einem Satz zusammenzufassen, das würde ihr nicht gerecht. Man kann sicher sagen: sie arbeitet mit minimalistischem Material, sehr farbenreich und expressiv, auf subtile Weise, nicht laut. Durch Kontinuität und Minimalismus kommen so Variationen zum Tragen.

 

Didem Coskunseven, Day was departing, UA Manifeste 2021, Ircam / Paris

 

Gehen wir nochmals etwas zurück: war der erste Auftritt in Donaueschingen für Nikel  ein Karrierestart?

Donaueschingen war nicht der Start, aber es war ein entscheidender ‘boost’, ein Schub: die Vertrautheit mit der internationalen Szene, das war sehr wichtig für unser Wachstum.

 

Musikmachen ist vergleichbar mit Sport. Wir wollen immer das Beste geben..

 

Nun sind Sie am 100Jahr-Jubiläum dabei: was bedeutet das für Nikel?

Da gibt’s zwei Antworten: ein Konzert ist ein Konzert. Musikmachen ist vergleichbar mit Sport. Wir wollen immer das Beste geben, egal wie gross oder klein der Rahmen ist.

Aber darüber hinaus: es ist für uns eine unglaubliche Ehre. Wir sind historisch bewusste Menschen und Musiker. Donaueschingen ist eine ‘ historische Plattform ‘, das am längsten existierende Neue Musik-Festival. Wir sind dankbar, dass unsere Arbeit so geschätzt wird, dass wir gefragt wurden, Teil dieses wichtigen Anlasses zu sein.
Interview: Gabrielle Weber

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Ensemble Nikel, Louis AndriessenThomas Schäfer, Armin KöhlerBjörn Gottstein, Didem Coskunseven, Stephen MenottiTrio Accanto

 

Uraufführungen Schweizer Musikschaffende @ Donaueschinger Musiktage 2021:
Donnerstag, 14.10., 20h: UA Beat Furrer, neues Werk für Orchester, SWR Symphonieorchester, Solist: Stephen Menotti, Posaune (CH)

15./16./1.10., 9:45h: Johannes Kreidler ‘Rhythms of history’ für Film, mit Alexandre Babel

Freitag, 15.10., 14h/17h: Trio Accanto, SWR Experimentalstudio

Samstag, 16.10., 16h: UA Daniel Ott, Donau Rauschen, Landschaftskomposition

Samstag, 16.10., 20h: Lucerne Festival Contemporary Orchestra, Leitung Baldur Brönnimann

 

Auftritte Ensemble Nikel / Yaron Deutsch Donaueschingen:
Freitag, 15.10.2021, 20h: Soloauftritt, Uraufführung von Stefan Prins, Orchestre Philharmonique du Luxembourg unter Stefan Volkov.

Sonntag, 17.10.2021, 11h: Ensemble Nikel und Noa Frenkel (Kontra-Alt), UA Rebecca Saunders und Didem Coskunseven


Weitere kommende Auftritte Ensemble Nikel:

November Music, s’Hertogenbosch:
12.11.21: Wiederholung Konzert Donaueschingen: UA Rebecca Saunders / Didem Coskunseven
WienModern:
14./27./28.11.21: Werke von Thomas Kessler, Klaus Lang, Hugues Dufourt, Leitung Jonathan Stockhammer

 

Sendungen SRF 2 Kultur:
Künste im Gespräch, 14.10.21, 9:00 Uhr: 100 Jahre Donaueschinger Musiktage, Redaktion Florian Hauser

Kultur Aktuell, 18.10.21, 8:15 Uhr: Redaktion Florian Hauser

Musik unserer Zeit, 3.11.21, 20 Uhr: 100 Jahre Donaueschinger Musiktage, Redaktion Florian Hauser

 

neo-Profiles:
Ensemble Nikel, Donaueschinger Musiktage, Rebecca Saunders, Beat Furrer, Alexandre Babel, Lucerne Festival Contemporary Orchestra, Daniel Ott, Johannes Kreidler, Marcus Weiss, Thomas Kessler, Jonathan Stockhammer

Wien Modern spielt ohne Publikum

17 Neuproduktionen als Stream im Lockdown: 6.-29.11.20

Gabrielle Weber
Die Stadt Wien traf es hart. Zuerst frühzeitig zur Quarantäneregion erklärt, dann der kurzfristig ausgerufene Lockdown für den Monat November. Kurz darauf die unfassbare Terrorattacke. Das einzigartige Musikfestival Wien Modern ist zeitlich und geographisch mittendrin. Es bespielt die Wiener Innenstadt normalerweise jeweils während des ganzen Monats an diversen Orten.

Saal Konzerthaus ohne Publikum ©Markus Sepperer 

Unter dem Motto “Stimmung” spürt das Festival vielschichtig und vieldeutig der aktuellen Stimmungslage im Jahr 2020 nach. 44 neue Produktionen und 85 neue Stücke hätten zur Aufführung kommen sollen, verteilt auf 32 Tage. Nur das Eröffnungswochenende fand mit Publikum statt. Gezeigt wurden sechs Produktionen und damit gerade mal 14% des Gesamtprogramms.

Am dritten und zugleich zweitletzten Abend konnte noch die Uraufführung von Edu Haubensaks Grosser Stimmung gespielt werden. Wien Modern scheut keinen Aufwand – fast vorausahnend wurde der Zuschauerraum des Wiener Konzerthauses für die elf verschieden gestimmte Konzertflügel leergeräumt. Das Publikum war freilich noch präsent – auf den Rängen.

So konnte Haubensaks Grosse Stimmung erstmals als Ganzes live erlebt werden. Denn nach Teilaufführungen wurde die geplante integrale Uraufführung im Sommer an der Ruhrtriennale bereits Pandemiebedingt abgesagt. Angereist waren trotz Quarantäne die drei Schweizer Pianistinnen Simone Keller, Tomas Bächli und Stefan Wirth.

Edu Haubensak, Grosse Stimmung © Markus Sepperer

Dann kam der Lockdown mit Veranstaltungsverbot und Ausgangsbeschränkung. Rasch fiel der Entscheid: Insgesamt 24 Veranstaltungen und damit über die Hälfte der Konzerte werden nun ohne Publikum aufgeführt und per Stream kostenlos öffentlich zugänglich gemacht.

Bereits fünf Tage nach dem Lockdown fand das erste Konzert vor leerem Saal für den Stream statt: die Uraufführung von Sofia Gubaidulinas lange erwartetem neuem Orchesterwerk Der Zorn Gottes im Musikverein am Freitag, 6. November. Unter dem Dirigat von Oksana Lyniv spielt das Radiosinfonieorchester Wien (RSO). Die geplante Uraufführung bei den Salzburger Osterfestspielen mit der Staatskapelle Dresden und Christian Thielemann erlebte nach mehrmaligem Verschieben bereits eine coronabedingte Absage.

Dass es nun online doch zur Uraufführung kam, ist gerade jetzt, in der vom Terror versehrten Stadt Wien, wichtig. Die Aufführung versteht Gubaidulina als Zeichen des Friedens in einer Zeit des zunehmenden Hasses und «einer allgemeinen Überanspannung der Zivilisation“.

Klaus Lang: tönendes Licht

Klaus Lang, tönendes Licht, Livestream aus dem Stephansdom, 19.11.20

Wichtige weitere Highlights sind am 18. November im Wiener Konzerthaus ein Konzert mit drei Uraufführungen. Nebst neuen Werken von Friedrich Cerha und Johannes Kalitze wird auch ein Stück von Matthias Kranebitter, dem Preisträger des Erste Bank Kompositionspreises uraufgeführt – eine neue Enzyklopädie der Tonhöhe und Abweichung. Aufgeführt durch das Klangforum Wien und dirigiert von Kalitzke selbst. Oder live aus dem Wiener Stephansdom am 19. November die Uraufführung tönendes licht von Klaus Lang, ein “Riesenorgelkonzert” (Zit. Wien Modern) für die weit auseinandersitzenden Wiener Symphoniker unter Leitung von Peter Rundel.

20 Jahre Ensemble Mondrian – Jubiläumskonzert in Wien: Die Produktion musste am 16.11.2020 aufgrund einer Schweizer Quarantänevorschrift leider auf 2021 verschoben werden.

 

Portrait Mondrian Ensemble & Thomas Wally © Markus Sepperer

Auch aus der Schweiz gibt es etwas zu hören: Am 21. November präsentiert das Mondrian Ensemble zu seinem 20Jahr-Jubiläum in Wien Werke von Martin Jaggi und Thomas Wally, beides langjährige Weggefährten des Basler Ensembles.


Ensemble Mondrian, Thomas Wally, Podcast

Uraufführungen von Andres Bosshard mit Zahra Mani und Mia Zabelka mussten hingegen auf November 2021 verschoben werden. Ebenso das Konzert des Basler Ensembles Nikel mit Werken von Thomas Kessler und Hugues Dufourt.

Bernhard Günther, der künstlerische Leiter von Wien Modern, äusserte sich in einem längeren Statement zum Lockdown und zur kulturellen Stimmung in Österreich folgendermassen: ” Die Stimmungslage in diesem Bereich ist derzeit so, dass es dringend ganz deutliche Signale braucht, damit Kultur nicht als Opfer des Gesundheitswesens, des Wintertourismus in den Bergen und des Weihnachtsgeschäfts empfunden wird. Es ist klar, dass ein Kapitän versuchen muss, einem Eisberg auszuweichen, aber er muss jetzt alles dafür tun, damit das Schiff nicht an der anderen Seite auf Grund läuft.”  (Zit. Günther)

Durch die Streams versucht nun Wien Modern, einen Teil des Wiener kulturellen Lebens aufrecht zu erhalten und zugänglich zu machen. Vielleicht kann damit immerhin -gemäss dem Festivalmotto- die aktuelle Stimmungslage etwas verbessert werden, auch wenn die existenzbedrohende Lage für das Kulturschaffen dadurch nicht geschmälert wird.

Als Zeichen der Solidarität seitens SRF 2 Kultur und neo.mx3 freuen wir uns, an dieser Stelle auf die Streams hinzuweisen.
Gabrielle Weber

Portrait Bernhard Günther © Wien Modern

 

Der Zorn Gottes ist ab 6. November 7 Tage lang per Stream nachzuhören auf: www.wienmodern.at

Alle Streams sind zu finden auf: Wien Modern
sowie teilweise auf den Homepages von Musikverein und ORF RSO 

Sendungen SRF 2 Kultur

Kultur kompakt Podcast9.11.20: Theresa Beyer, “Der Zorn Gottes” entlädt sich im Stream zur UA Wien Modern, Sofia Gubaidulina:

Neoblog, Corinne Holtz: Wenn aus Leidenschaft Subversion wird – Portrait Simone Keller

Kontext, 21.10.20, Corinne Holtz: Zehn neu gestimmte Klaviere

In Musik unserer Zeit21.10.20: Florian Hauser / Gabrielle Weber:  zu neo.mx3: Simone Keller & Edu Haubensak

Neo-profiles
Simone Keller, Stefan Wirth, Wien Modern, Edu Haubensak, Mondrian Ensemble, Martin Jaggi, Thomas Kessler