reclaim postmodernity – ABGESAGT!

Patrick Frank, Komponist und Kulturwissenschaftler, kuratiert als Gast die laufende Saison des Zürcher Ensemble Tzara. Dabei heraus kam eine sogenannte ‘Metakomposition’, die sich über die drei Konzerte der Saison erstreckt und laufend entwickelt: ein Konzert in drei Teilen also. Am 21. März 2020 steht nun der dritte Teil in der Gessnerallee an: “Das Glück des Nein-Sagens – reclaim postmodernity”.

Ensemble Tzara / Simone Keller, Das Glück des Ja-Sagens, Teil 1 © Chris Müller

Gabrielle Weber
Instrumentale Stücke fürs gängige Konzertsetting zu schreiben ist seine Sache nicht. Vielmehr denkt Patrick Frank gründlich über den Musikbetrieb nach und rüttelt mit seinen Werken an den Grundfesten heutigen zeitgenössischen Musikschaffens. Denn er erklärt nicht nur komponiertes musikalisches Material zum Werk sondern genauso sehr den zugehörigen Kontext wie bspw. den gesellschaftlichen Rahmen oder die Aufführungsgegebenheiten. Und oft ist auch das Publikum an seinen Stücken beteiligt oder sind die Musikerinnen als Performer im Einsatz.

Von Frank selbst ist denn auch kaum etwas zu hören. Seine ‘Metakomposition’ für das Ensemble Tzara liegt in der Idee, dem Konzept, vergleichbar einem Werk der visuellen Konzeptkunst. Als Gastkomponist lud Frank den norwegischen Komponisten Trond Reinholdtsen ein, gleichfalls bekannt fürs intelligent-humoristische Hinterfragen des institutionellen Musikbetriebs. Und auch Reinholdtsens Musik liegt mehr im Konzept als in der Musik.


Trond Reinholdtsen, Ensemble Tzara, Unsichtbare Musik 2009

Zum Klingen kommen durch Tzara hingegen Werke u.a. von Franz Schubert, Galina Ustwolskaia, Arvo Pärt oder Alvin Lucier. Dazu gibt’s Texte von Hugo Ball, Tristan Tzara und natürlich Nietzsche. Alles wohl koordiniert von Frank und Reinholdtsen aus dem Off.

Unter dem Titel “Das Glück des Ja-Sagens” verwebt Frank seine Metakomposition mit der Philosophie Friedrich Nietzsches. Die drei Teile spielen in einem Zürcher Stadtwald, einer Privatwohnung und schliesslich im Theaterhaus Gessnerallee: die Spielorte stehen für die ‚Sphären’ Natur, Privatheit und Öffentlichkeit. Aber auch für Schlüsselbegriffe des Philosophen.

Achtstündige Performance

Publikumsumfragen im jeweils vorangehenden Teil bestimmen die Ausgestaltung der weiteren Teile massgeblich. Das Resultat der ersten Befragung stellte Frank dann anhand einer Powerpoint Präsentation im Teil zwei vor. Das Fazit: “Der Wunsch nach mehr Musik, mehr Performance und mehr Struktur führte zu einer durchstrukturierten achtstündigen Performance”.

“Nicht enden wollend….” war denn auch eine der Hauptregieanweisungen des langen Abends in einer Privatwohnung in Zürich, in der das Publikum in die Rolle von Mitbewohnern schlüpfte. Die vermeintliche Privatheit aber war aufgrund von Franks Meta-Komposition gänzlich durchgetaktet. Die acht Stunden waren präzise in verschiedene Aktionen gegliedert, und das Involvieren des Publikums mit ein kalkuliert.

Trond Reinholdtsen, UA Ensemble Tzara, Das Glück des Ja-Sagens, Teil 2 © Chris Müller

Von Reinholdtsens war/ist gleichwohl eine mehrteilige ‘Welturaufführung’ (für Streichquartett und Video) zu erleben: War Teil eins diffus im Wald verteilt, fand diese in Teil zwei in einem äusserst kleinen Raum statt: “Die klaustrophobische Stimmung gehört zum Stück”, so Reinholdtsen. Auch da ging es weniger um die Musik als um das gemeinschaftliche, etwas gruselige Erlebnis.

Im Ausgang offene Beziehungsgeschichte

Auch eine dreiteilige musikalische Beziehungsgeschichte verbindet die Teile als roter Faden: Das Konzept von Reinholdtsen, die Musik von Arvo Pärt, das Paar gespielt in Personalunion vom Performer Malte Scholz.


Patrick Frank / Trond Reinholdtsen, Ensemble Tzara, Arvo Pärt / Spiegel im Spiegel, Das Glück des Ja-Sagens, Teil 1

Der Schluss einer Folge verweist jeweils auf den nächsten Teil. Gegen Ende von Teil zwei entfacht ein ‘falsch’ gewähltes Geschenk einen Disput (Mann zur Frau, das von ihr geschenkte Hemd kommentierend: “Schatz, du weisst doch, dass ich keine Karoos mag..“). In der Folge wird dem vom Mann der Frau mitgebrachten Ring seine naheliegende Bedeutung bis auf Weiteres vorenthalten. Sie: “ein Ring: heisst das etwa…?” Er: “Ich bin mir nun nicht mehr so sicher, ich muss darüber nachdenken. Ich sage es dir dann im Teil drei”.

Wie die Geschichte weiter geht und was genau zu hören sein wird, ergibt sich aus einer Umfrage im Teil zwei. Die Fortsetzung wird sicherlich auch mit Nietzsche zu tun haben…

Und: der Erfolg von Teil zwei war so überwältigend, dass Frank bereits eine längere Weiterführung des Projekts ankündigte.
Gabrielle Weber

Am 21. März in der Zürcher Gessenerallee erfahren Sie mehr: Ensemble Tzara, Saison 19/20, Teil 3, Das Glück des Nein-Sagens – reclaim postmodernity.

Patrick Frank, Das Glück de Ja-Sagens, Teil 2 © Chris Müller

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Gessnerallee Zürich, 21.3.20, 20h: “Das Glück des Nein-Sagens – reclaim postmodernity

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Neoblog: Kuration als Meta-Kompostition: Das Glück des Ja-Sagens

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