Klangwandern: ja!

Jaronas Scheurer
Aufgrund des Coronavirus wurden diesen Sommer alle Festivals abgesagt. Alle? Fast alle! Ein kleines Festival für Neue Musik im Oberbaselbiet wird trotz allem durchgeführt: Das Festival Neue Musik Rümlingen.

Festival Rümlingen 2016, Serge Vuille, Change © Schulthess-Foto

Der Grund für diese Ausnahme ist das spezielle Format des vom 20. bis 24. August im kleinen Oberbaselbieter Dorf Läufelfingen stattfindenden Festivals. «Wir schicken das Publikum auf eine Wanderung, auf der Kompositionen erlebt werden können, die spezifisch für die durchwanderte Landschaft geschrieben wurden.» erzählt der Geschäftsführer Tumasch Clalüna. Dies sei jedoch keine Besonderheit der diesjährigen Ausgabe, das Festival Rümlingen setzt schon seit seiner Gründung vor 30 Jahren auf ungewohnte Formate. Das Publikum wird in kleinen Gruppen von maximal 10 Personen losgeschickt, ganz BAG-konform. Reservation ist also Pflicht. Startpunkt der Klangwanderung ist der Bahnhof Läufelfingen. Von dort geht es die alte Passstrasse hinauf Richtung Hauenstein und in einer grossen Schlaufe dann zurück nach Läufelfingen zum Ausstellungsraum SilO12. Auf dem Weg trifft man auf die Werke von elf jungen Komponist*innen, die spezifisch für die jeweiligen Orte komponiert wurden. An jeder Station kann man kurz verweilen.


Tobias Krebs, rêves éveillés, 2019

Das Publikum läuft zur  Musik hin und wandert nach einer Weile weiter. Man erlebt also nicht unbedingt die ganze Komposition. Eine Herausforderung für die eingeladenen Komponist*innen, wie Tumasch Clalüna betonte. Einige kreieren beispielsweise eher Klangsituationen, statt konventionelle Kompositionen mit klarem Anfang und Ende. Andere arbeiten installativ oder lassen die anwesenden Performer*innen spontan auf das vorbeiwandernde Publikum reagieren. Statt von einem konventionellen Konzertfestival spricht Tumasch Clalüna daher lieber von einer «musikalischen Landschaftsbegehung». Zu dieser Idee passt beispielsweise die «Park Opera 2» des polnischen Komponisten Wojtek Blecharz, die am Festival uraufgeführt wird. Blecharz komponierte seine Oper spezifisch für die Landschaft oberhalb Läufelfingens. Oder die auf die Umgebung bezogene Performance «Waves» von Lara Stanic.

Lara Stanic: 4Laptops, 2019

Doch wieso findet das Festival Neue Musik Rümlingen eigentlich in Läufelfingen und nicht in Rümlingen statt? Sie seien schon vor einiger Zeit vom SiLO12 für eine Kooperation eingeladen worden, erklärt Clalüna. Das habe sich dieses Jahr besonders angeboten, da sie zusätzlich zur Musik eine Jubiläumsausstellung geplant haben.

Was beim weiteren Blick ins Programm des Klangwegs auffällt: Die Komponist*innen sind auffällig jung. Da sind bspw. neue Werke von Tobias Krebs, Léo Collin oder Anda Kryeziu zu hören und zu begehen. Das erstaunt, denn man könnte ja annehmen, ein 30-jähriges Jubiläum sei Anlass, um mal die grossen Namen der Neuen Musik-Szene einzuladen. Doch sei es dem Festival wichtiger, am Puls der Zeit zu bleiben und die Perspektive nach vorne einzunehmen als zurück zu blicken, sagt Tumasch Clalüna.


Léo Collin, Corals, 2020

Der Rückblick auf die 30 Jahren Festivalgeschichte fehlt aber nicht ganz. Am Ende der Klangwanderung im SiLO12 wird eine Ausstellung zu den 30 Jahren Neue Musik Rümlingen gezeigt. Dazu führt das Basler ensemble zone expérimentale unter dem Titel «Aus dem Schuber – Archiv Rümlingen» Werke aus der Geschichte des Festivals auf.

30 Jahre Neue Musik Rümlingen – HauenSteinSchlag: Infos
Der Klangweg und die «Aus dem Schuber»-Konzerte finden am Samstag 22. und Sonntag 23. August statt. Die Ausstellung ist vom Freitag 21. bis am Montag 24.August geöffnet. Am Donnerstagabend (20. August) wird die Ausstellung mit einer Vernissage eröffnet.

Festival Rümglinen 2019: Jürg Kienberger InneHalten © Schulthess-Foto

Neue Musik Rümlingen, Wojtek Blecharz, Delirium Ensemble, ensemble zone expérimentale

Neo-Profiles: Neue Musik Rümlingen, Daniel Ott, Lara Stanic, Léo Collin, Tobias Krebs, Andreas Eduardo Frank