GRiNM Network-Conference: Experiences with Gender and Diversity in New Music – ZHdK, 14.-16. November 2019
Gabrielle Weber
GRiNM – ‘Gender Relations in New Music’ – steht für ein internationales Kuratorenkollektiv mit Basis in Berlin. Im Anschluss an ein offenes Diskussionsforum an den Darmstädter Ferienkurse 2016 entstanden, war es seither in gezielten Aktionen an zahlreichen Neue Musik-Festivals in ganz Europa präsent. In Zürich veranstaltet GRiNM nun erstmals eine dreitätige internationale Network-Konferenz zum Thema Gender und Diversity, zusammen mit dem Departement Kulturvermittlung (DKV) der ZHdK.
Brandon Farnsworth, GRiNM-Member und Kurator der Tagung, gibt im Gespräch Auskunft zu GRiNM und zur Network-Conference.
Wie erklären Sie das kryptische Kürzel GRiNM?
Wir sind ein heterogenes Kollektiv mit verschiedene Hintergründen und Haltungen. Wir setzen uns alle für ähnliche Sachen ein: wir repräsentieren und streben nach Diversität in der Neuen Musik und machen durch Aktionen auf unser Anliegen aufmerksam. Was uns verbindet ist unsere Unabhängigkeit: wir haben keine festen Anstellungen in diesem Bereich, sind keine rechtliche Organisation, beanspruchen keine Fördergelder für unsere GRiNM-Tätigkeit.
‘Musik und Kontext oder Form und Inhalt lassen sich nicht voneinander trennen.’
Woher stammt ihr Engagement für die Genderthematik?
Mein eigener Zugang ist eher intuitiv. Er kommt aus dem kuratorischen Blickwinkel: Wie verhalten sich die institutionellen Rahmenbedingungen und die musikalische Produktion zueinander? Was haben die Rahmenbedingungen für eine Auswirkung auf die musikalische Produktion?
Wofür steht in diesem Kontext der Begriff ‘Gender’?
Gender als Label ist ein Ansatzpunkt, der rein Zahlenmässig vieles reflektiert: 90% Männer – 10% Frauen, wenn’s hoch kommt 80%-20% als Faustregel für Lehraufträge, Repertoire in Konzertsälen, Kompositionsaufträgen an Festivals, usw.. Wenn wir Statistiken mit solchen Zahlen zur Diskussion stellten, führte das immer auch zu Themen wie Eurozentrismus, soziale Schicht, Einkommens- und Bildungsniveau. Gender beinhaltet Vieles, er bezieht sich nicht nur auf die Geschlechterfrage. Es gleichbedeutend mit Diversität, mit dem Infragestellen von postkolonialen Ausschlüssen oder einem Kanon, der geprägt ist durch gut gebildete weiße männliche Europäer aus reichen Ländern.
‘Gender ist ein Sammelbegriff für verschiedene Arten von Ausschluss‘
Seit der Gründung von GRiNM 2016 sind drei Jahre vergangen. Die Genderbalance (bspw. in Donaueschingen) hat sich stark verschoben: hatte GRiNM einen Anteil an der Veränderung?
Das lässt sich nicht beweisen. Unsere Aktionen waren sicherlich wichtig. Wir veranstalteten einerseits auf Einladung Workshops, zweimal am Festival Maerzmusik Berlin 2017 und 2018, machten eine Stickeraktion mit der provokativen Forderung 50%-50% oder veröffentlichten Statistiken. Andererseits waren wir ohne Einladung am Rand von Festivals präsent, bspw. Darmstadt 2018. Wir boten eine Plattform, um über Erfahrungen mit Gender und Diversity zu sprechen, was innerhalb keinen Platz hatte. Wir stellten fest, dass es dafür ein grosses Bedürfnis gab, aber kaum Möglichkeiten für Austausch. Mit der Konferenz schaffen wir nun einen solchen Rahmen.
Was ist das Ziel der Konferenz?
Aktuell finden zahlreiche ähnliche Projekte an verschiedenen Orten statt, von denen man oft gegenseitig kaum weiss: da besteht ein Bedürfnis nach Networking. Wir schaffen eine Plattform für den Austausch von Erfahrungen und best practices oder das Angehen von Synergien – die Grösse der Konferenz ist einzigartig. Wir haben vierzig internationale Teilnehmende.
Was sind Themen der Tagung – was gibt es für Formate?
Es gibt Projektpräsentationen und Diskussionsforen. Am ersten Tag geht es um allgemeine Definitionen und Problemstellungen. Am zweiten Tag steht die Ausbildung im Zentrum. Die ‘Association of European Conservatories’ stellt z.B. vor, was unternommen wird, um Diversität an europäischen Hochschulen zu steigern. Am dritten Tag liegt der Fokus auf Ensembles und Festivals.
Am Vorabend gibt’s einen Netzwerkapéro mit SONART – Musikschaffende Schweiz und ein Konzert im Jazzclub Mehrspur der ZHdK. Zu hören sind zwei Musikschaffende aus Berlin, Neo Hülcker und Stellan Veloce, sowie Fågelle aus Schweden.
Interview Gabrielle Weber
Ear action for earprotection and objects, Stellan Veloce and Neo Hülcker, dark music days 2017
Ist die Tagung allen Interessierten zugänglich, werden die Resultate publiziert?
Die Tagung ist öffentlich. Danach ist eine Publikation der Beiträge und einer Auswahl an Best practices und Statistiken geplant.
GRiNM Network Conference: Full Schedule, SONART – Musikschaffende Schweiz
neo-profile: Zürcher Hochschule der Künste